Foto: Emily Morter / Unsplash
Mit dem Finger auf die (vermeintlichen) Fehler anderer zu zeigen, ist wahrlich kein schöner Zug. Also lasse ich es meist bleiben und schmunzle nur in mich hinein; schließlich habe ich mir auch bereits so manchen Tipp-, Formulierungs- oder Grammatikfehler geleistet. Manchmal aber denke ich mir: Das muss man doch zeigen, nicht dass andere den gleichen Kracher liefern …
Und weil ich eben auch nicht zu 100% (aber fast!) ohne Fehl und Tadel bin, soll das hier keine hämische Zurschaustellung werden. Sondern die (manchmal schalkhafte) Anregung, mal darüber nachzudenken, was LeserInnen so an Content vorgesetzt wird. Die vorgestellten Beispiele habe ich unterwegs entdeckt:
Beispiel 1: Männerexperten
Männerexperte oder -expertin zu sein, ist bestimmt nicht einfach. So kompliziert, tiefgründig, vielschichtig und delikat im Umgang wie wir Männer nun mal sind. Da muss man neben der aufreibenden Tätigkeit, Men Expert zu sein, nicht auch noch Experte in Sachen Grammatik sein. Aber man könnte natürlich durchaus einen dieser Männer oder eine Frau fragen, ob sie schon mal den Imperativ von „nehmen“ gehört haben. Oder auch, klar, bei Duden.de vorbeischauen. Kleiner Tipp: „nehme“ ist es eher nicht.
© des Motivs beim werbetreibenden Unternehmen; fotografiert in einem bayerischen Drogeriemarkt
„O Mann“, wird sich da manche(r) denken, „schon wieder so ein Schweinchen Schlau der Rechtschreibung. Ist doch egal, weil jeder weiß, was gemeint ist.“ Aber einfach mal andersrum betrachtet: Da muss immer alles tippitoppi aussehen in der Werbung, Farbprofile werden eingesetzt, Fotoreisen an exotische Locations unternommen, Corporate Design-Guides geschrieben und Entwürfe stundenlang diskutiert – aber beim Inhalt guckt keiner nochmal drüber?
Wie gesagt: Ich habe auch schon echte Klopper abgeliefert; einfach, weil man selbst seine eigenen Texte kaum lektorieren kann. Aber da muss dann halt nochmal jemand ran, der was davon versteht. Tippfehler und Buchstabenverdreher kommen, gerade in Medien, bei denen es schnell gehen muss, immer wieder vor. Wenn jedoch bei einer großen Kampagne ein gänzlich falsches Wort gesetzt wird, habe ich als Konsument den Eindruck: Das war denen jetzt gar nicht so wichtig, was da steht. Warum also sollte es für mich von Bedeutung sein?
Beispiel 2: Du bist … was?
Es gibt Texte und Motive, die sind für sich betrachtet nicht falsch. Und man kann sie sogar so lustig finden, wie sie vielleicht gemeint waren. Aber wenn man zweimal hinsieht, lösen sie vor allem eines bei der Betrachterin oder dem Betrachter aus: ein langgedehntes „Hä?“
So ging es mir bei diesem Sparkassenmotiv:
© des Motivs beim werbetreibenden Unternehmen; fotografiert auf einer bayerischen Großfläche
Ich kann mir ganz gut vorstellen, wie's bei der Präsentation der „Ganz normal“-Kampagne zugegangen sein mag: „Wir nehmen Motive aus dem Alltag unserer Kunden“, hat da wohl jemand so oder ähnlich gesagt, „damit unterstreicht die Bildsprache die Textaussage: alles ganz normal, alles so, dass sich unsere herrlich unprätentiöse Zielgruppe wiedererkennt.“ Usw. So weit, so durchdacht. Aber was will mir dieses Plakat sagen? Dass moderne Frauen ihren Schwangerschaftstest selbst und mit dem Handy bezahlen? Klar, kann man so machen – man muss sich dann aber auch von eben diesen Frauen fragen lassen, ob sich weibliche Selbstständigkeit wirklich am Kauf eines Drogerieartikels festmachen lässt.
Das (für mich) Verwirrende an dieser Motivreihe ist, dass das Sternchen zum Sternchentext fehlt. Das fand wohl jemand hip, es attackiert aber meinen Textordnungssinn und macht mich ganz kirre
beim Versuch, einen Bezug herzustellen. Was ist denn da nun mit dem Handy bezahlt? Vielleicht gar nicht der Test, sondern der Bademantel? Oder gar die Befruchtung? Und schon bin ich auf
gedanklichen Umwegen, die bei der Sparkasse so wohl gar nicht geplant waren. Vielleicht bin ich aber auch einfach nicht ganz normal.
Übrigens: Damit auch jeder weiß, was das ist, das da mit dem Handy gekauft wurde, hat jemand „schwanger“ in das für viele Menschen eher kryptische Anzeigenfeld retuschiert. Ich bin kein
Typograph und damit im Thema nicht sattelfest, aber das sieht mir aus wie die „Chicago“, die Apple-Systemschrift von 1984 bis 1997. Hoffentlich ist das nur ein witziges Detail und nicht schon
wieder ein Hinweis, den ich nicht verstehe …